ROMS LEGIONEN
Derzeit läuft vom 30. März bis 3. November 2019 im Varusschlacht-Museum bei Kalkriese die Sonderausstellung Roms Legionen. Was die Ausstellung für mich und vielleicht auch andere Figurenfreunde interessant macht, sind die großen Dioramen mit 1/72 Zinn-Miniaturen, die das Thema perfekt visualisieren.
Das Ganze ist eine Art Wanderausstellung, die bereits in mehr als einem halben Dutzend Museen zu sehen war. Die Ausstellung wird durch eine Art Baukastensystem an die Räumlichkeiten (und wohl auch dem Geldbeutel) des jeweiligen Museums angepasst. Macher ist die Gruppe mit Namen „Mules of Marius“, also die Maultiere des Marius. So nannte man nach der Heeresreform im 1. Jahrhundert v. Chr. die Legionäre, nachdem die Lasttiere abgeschafft worden waren und die Soldaten ihr Gepäck selbst tragen mussten. Es scheint, der Name ist ein Hinweis darauf, dass diese Gruppe die ganze Arbeit leistet, während die Museen den Ruhm einstreichen
Die Ausstellung beleuchtet die Organisation, Ausrüstung und den Einsatz der römischen Legionen in der frühen Kaiserzeit. Wer die Bücher von Peter Connolly zum Thema Römische Armee kennt, dem werden viele Dioramen-Szenen sehr bekannt vorkommen und dass soll jetzt kein Vorwurf, sondern eher ein dickes Lob von mir sein. Die Connolly-Bücher haben vor vielen Jahre meine Begeisterung für die Antike geweckt.
Im Zentrum der Ausstellung stehen mehrere große und kleine 1/72 Figuren-Dioramen. Die Zinnfiguren stammen übrigens aus der Schmiede von Jörg Schmäling (Art Miniaturen), einer meiner bevorzugten Figuren-Hersteller, wenn es um 1/72 Modelle für die römische Antike und die Napoleonischen Kriege geht. Das besondere bei den Dioramen ist, dass die Truppen immer in voller Mannstärke gezeigt werden und man so einen realistischen Eindruck von der Größe einer Einheit bekommt. Neben den sehr schön bemalten Figuren muss man auch die wunderschöne Geländegestaltung sowie die Fahrzeuge und Gebäude erwähnen. Alles ist in feinster Museumsqualität gefertigt und bemalt. Neben den Figuren werden lebensgroße Bilder, nachgebaute Modelle, Ausrüstung, Waffen und Gerät der Legionäre gezeigt. Beginnen wir also mit dem Rundgang…
Organisation
Im ersten Abschnitt der Ausstellung geht es um die Gliederung und Organisation einer römischen Legion. Die Legion war ein selbstständig operierender militärischer Großverband, der von einem Stellvertreter des Heerführers, dem Legaten kommandiert wurde, welcher von einigen Tribunen unterstützt erhielt.
Eine Legion bestand in der frühen Kaiserzeit aus 5.500 Mann. Kleinste Einheit der Legion war das Contubernium, eine Zeltgemeinschaft von 8 Mann.
Je 10 dieser Zeltgemeinschaften bildeten eine Zenturie, die von einem Centurio geführt wurde, dem ein Optio als Stellvertreter zur Seite stand. Hinzu kamen zwei Signalgeber, der Standartenträger (Signifer) für optische Signale sowie ein Hornbläser (Cornicen) für akustische Signale. Je Zwei Zenturinen bildeten eine Manipel, eine Kohorte bestand aus 3 Manipeln. 10 Kohorten bildeten schließlich die Legion, wobei die 1. Kohorte doppelte Mannstärke besaß.
Der ranghöchste Centurio der Legion, nämlich der primus pilus kommandierte das erste, am rechten Flügel platzierte Manipel. Hinzu kamen ankämpfenden Truppen von 120 Reiter, die in 4 Reiterabteilungen (Turmae) von 30 Mann organisiert waren. Sie dienten in erster Linie zur Aufklärung und als Meldereiterei.
Ganze 5 Jahre dauerte der Bau dieses Dioramas.
Feldzeichen
Die Feldzeichen (signa) genossen göttliche Verehrung und wurden daher besonders geschützt. Auf dem Marsch und im Kampf wurde jedes Feldzeichen von einem signifer getragen. Das wichtigste Feldzeichen war dabei der Legionsadler (aquila), der vom aquilifer getragen und geschützt wurde. Insbesondere in der 1. Centurie aber auch in der ganzen 1. Kohorte, in der der Legionsadler geführt wurde, dienten daher nur ausgewählte Soldaten.
Die Legionen der Republik führten jeweils ein Tierzeichen. Dies konnten Eber, Stiere, Wölfe usw. sein. Unter Gaius Marius wurden diese individuellen Feldzeichen abgeschafft (zumindest offiziell). Des Weiteren gab es ab der Kaiserzeit den Imaginifer (Träger des Kaiserbildnisses), der die Imago trug. Die Imago selbst war ein plastisches Porträt des Kaisers oder eines Mitglieds seiner Familie.
Ausbildung
In der Ausstellung wird vor allem auf die Übung mit der Waffe und auf Formationen eingegangen. An dieser Stelle seien auch die zahlreichen Mitmachstationen erwähnt, an denen die Besucher eine originalgetreu gefertigte Rüstung anziehen, am Pfahl trainieren oder ihre eigene Getreideration mahlen können.
Kleine Figurendioramen zeigen Gefechtsformationen wie die bekannte Schildkrötenformation (Testudo), den Schildwall in Schlachtreihe (Furcum) und die 3 Phasen des Angriffs.
Die Angriffssequenz bestand aus dem Vormarsch, dann wurde der Gegner wurde auf ca. 20 Schritt Entfernung mit einem Hagel aus Wurfspießen (Pila) überschüttet.
Diese sollten nicht nur Gegner töten, sondern den gegnerischen Schildwall und die Formation auflösen. Das Pilum war aus nicht zu hartem Metall, sodass es sich idealerweise im gegnerischen Schild festhängend verbog und diesen damit unbrauchbar machte oder wegen der Verformung durch den Aufprall zumindest nicht zurückgeworfen werden konnte.
Vor dem Zusammenprall der gegnerischen Linien schloss die römische Legion die Ordnung, zog sein Gladius und ließ den Gegner gegen den Wall der Schilde prallen.
Waffenübungen der Kavallerie gab auch in einer Art rituellen Vorführung.
Auxiliartruppen
Neben den römischen Legionen kämpften auch zahlreiche Hilfstruppen (Auxillia) für den römischen Kaiser. Zu den Auxiliartruppen gehörten militärische Einheiten, die oft eine Spezialisierung aufwiesen.
Dazu gehörten Kavallerietruppen, Bogenschützen, Schleuderer oder Infanteristen mit Sprossspeeren. Diese Hilfstruppen waren Einheiten der römischen Armee, die aus verbündeten Völkern oder freien Bewohnern (ohne Bürgerrecht) der Grenzprovinzen rekrutiert wurden. Bei ehrenhafter Entlassung erhielten die Soldaten nach dem Ende ihrer Dienstzeit zumeist das römische Bürgerrecht.
Ala
Die als Ala bezeichnete separate Reitereinheit hatten 24 Turmae mit je 40 Reitern. Hier ist eine solche Ala von 800 Reiter in einem großen Diorama zu sehen. Die Ala wurde von einem Praefectus, die einzelnen Turmae von einem Decurio geführt.
Kohorte
Die gemischte Kohorte (cohors quingenaria equitata) bestehend aus 6 Zenturien (je 80 Mann) und 4 Turmae (je 32 Reiter), wurde häufig als Garnison für ein Lager am Limes eingesetzt. Typisch sind der ovale Schild und der Stoß-Speer der Infanteristen.
Fernkampfwaffen
Für Belagerungen und zur Verteidigung wurden von einer Legion stationäre Kriegsmaschinen mitgeführt.
Die kleineren Pfeilkatapulte hießen Scorpios, die großen Steinkugel-Katapulte Ballistas. Im Diorama sieht man diese beiden Geschütztypen sowie Bogenschütze im Einsatz.
Ausrüstung
Waffen und Ausrüstung waren in der Kaiserzeit stark standardisiert, wobei die Qualität und Ausführung der einzelnen Ausrüstungsteile variieren konnte. Die Mannschaften erhielten als Körperpanzerung eine Lorica Hamata (Kettenhemd) oder Lorica Squamata (Schuppenpanzer), vom 1. bis 3. Jahrhundert n. Chr. auch eine Lorica Segmentata (Schienenpanzer).
Dazu kam ein Helm (Galea oder Cassis). Der wichtigste Schutz war das Scutum, ein großer rechteckiger Schild, gebaut aus mehreren laminierten Schichten, zum Schutz vor Feuchtigkeit bemalt sowie mit eisernem Schildbuckel versehen.
Der Gladius, ein Kurzschwert mit ca. 50 cm Klingenlänge, das auf der rechten Seite getragen wurde, war lange Zeit die kennzeichnende Waffe der Legion. Die Trageweise hing mit dem großen Schild zusammen, welcher ein Ziehen der Waffe auf der linken Seite verhindert. Abweichend davon trugen die Centurionen den Gladius allerdings auf der linken Seite. Außerdem führte jeder Legionär zwei Pila (Wurfspieße) mit sich. Dazu kam noch ein Pugio (Dolch).
Auch hier kann wieder alles ausprobiert und sogar angezogen werden.
Die Bekleidung des Legionärs bestand neben den oben angeführten Rüstungsteilen aus einem kurz- oder langärmeligen Untergewand (Tunica) aus Wolle. Darüber wurde der aus schwerer, verfilzter Wolle hergestellte Umhang der römischen Soldaten Paenula oder Sagum getragen. Der oft reich verzierte Gürtel (Cingulum) war auch Schwertgurt und kennzeichnete den Soldaten, auch wenn er keine Rüstung trug.
Als Synonym für den Militärdienst galten die genagelten Sandalen (Caligae), seit dem 2. Jahrhundert n. Chr. wurden auch geschlossene Schuhe und Stiefel getragen. Um den Hals wurde ein Tuch (Focale) geschlungen.
Lager
Dieses wunderschöne Diorama zeigt den Aufbau und die Verteidigung eines Marsch-Lagers. Das Thema Marschlager beschäftigt mit schon seit einigen Jahren, für mich eines die beeindruckenden Beispiele für die Logistik der römischen Armee.
Das Diorama deckt eine Ecke eines Marschlagers ab. Eine Seite des Lagers ist bereits fertig und zeigt die Verteidigung.
Natürlich entsprechen die Anzahl der Legionäre, der Pila Muralia, der Wagen und der gesamten Ausrüstung den historischen Vorgaben. Dazu zählt auch die Anzahl von Legionären im Wachdienst (2 Legionäre je 8 Mann), die entlang des Walles aufgestellt sind.
Da immer mindestens 2 Mann einer Zeltgemeinschaft Dienst hatten, konnte der Rest (6 Mann) überhaupt Platz im kleinen Zelt finden.
Auf der anderen Seite des Lagers befindet sich der Wall im Bau (normalerweise wird der Wall zur gleichen Zeit auf allen Seiten gebaut, sodass das Diorama nicht die Realität widerspiegelt, sondern das Lager in verschiedenen Phasen zeigt). Auch hier ist die Anzahl der Legionäre, die am Bau beteiligt sind und den Bau beschützen, nach historischen Angaben dargestellt.
Der Auswurf des Grabens wird dahinter als Wall aufgeworfen. Vorher ausgestochene Grassoden werden locker auf die Wallaußenseite gelegt und schließlich wird das Ganze durch Schanzpfählen (Pila Muralia) gesichert.
Hier wird noch einmal dargestellt, wie sich die Unterbringung einer Zenturie in einem festen Lager und einem Marschlager unterscheiden.
Verpflegung / Helfer
Zur Kaiserzeit verfügte jede Zeltgemeinschaft (Contubernium) über ein Maultier, auf dem die gemeinsame Ausrüstung der Zeltgemeinschaft mitgeführt wurde. Dies war ein Lederzelt, eine Handmühle (das Getreide wurde ungemahlen ausgegeben), evtl. zusätzliche Verpflegung sowie Schanzausrüstung für die Errichtung eines Marschlagers.
Hier ist der gesamte Tages-Getreidevorrat einer Legion aufgeschichtet. Jeder Sack mit Getreide gehört einem Contubernium.
Grundsätzlich verfügte die Zeltgemeinschaft über einen „Mulio“, der sich als Helfer neben dem Zeltaufbau auch um das Maultier kümmerte. Insgesamt wird die Anzahl dieser „Helfer“ pro Legion auf über tausend geschätzt, da insbesondere der Tross und die Reitereinheiten über eine erhebliche Anzahl von Pferdeknechten verfügt haben müssen. Der Status dieser „Helfer“ ist nicht ganz geklärt; man nimmt an, dass es sich überwiegend um Sklaven gehandelt hat, die aber durchaus über Stichwaffen zum Eigenschutz verfügten. Die Legionen verfügten außerdem über verschiedene Handwerker (Fabri), die sicherlich eine Vielzahl von Spezialwerkzeugen mitführten.
Um den erheblichen Wasserbedarf eines Legionärs von vier bis acht Litern pro Tag decken zu können, wurden die Marschrouten meist entlang von Seen oder Flüssen geplant. Funde weisen darauf hin, dass Teile der Legion kleine persönliche Holzfässer mit einem Fassungsvermögen von bis zu 3,5 Litern mit sich trugen, um die persönliche Wasserration mitführen zu können. In der Ausstellung werden Vor- und Nachteile von Transportmöglichkeiten von Wasser aufgezeigt.
Marsch
Einer der Ersten, der die Marschformationen beschreibt, ist Polybios (ca. 200v. Chr. – 120v.Chr).
Er erklärt, dass das Gepäck entlang der Kolonne verteilt wurde, um zu verhindern, dass bei einem Angriff alles vernichtet wird, außerdem sollten die Soldaten, wohl zum Schutz und zur Aufklärung des hinteren Teils, miteinander in Kontakt bleiben. Auf sicherem Territorium marschierte die Legion in der Mitte, vorne und hinten die Verbündeten und Hilfstruppen, die Kavallerie bildete Vor- und Nachhut.
Kleinere Dioramen erläutern, wie die Marschkolonne einer Legion aufgebaut war und welche Einheit in welcher Position marschierte.
Die Feldflasche und der Topf sowie die Verpflegung wurden in einem Sarcina genannten Sack transportiert. Die Furca war ein Tragekreuz aus Eschenholz.
Mit ihr wurde die sarcina, gut verteilt, über der Schulter getragen. Durch das Kreuz konnte das Gepäck bequem und sicher getragen werden. Während des Marsches wurde die Furca auf das auf den Rücken geschnallte Scutum gelehnt. So konnte man mit der linken Hand das Gepäck und mit der Rechten das Pilum tragen.
Auf der Furca war u. a. das Loculus befestigt. Im Kampfesfall wurde die Furca als Ganzes zu Boden geworfen und das Scutum in die linke Hand genommen. Mit dieser Technik war man in 20 Sekunden kampfbereit.
Dieses langgezogene Diorama zeigt zwei Kohorten auf dem Marsch…
Kampf
In diesem Diorama erhalten wir einen kleinen Einblick in die Lebensweise der Germanen. Man sieht einen germanischen Hof mit seinen enorm großen Gebäuden.
Römer haben die Siedlung überfallen und treiben die Bewohner zusammen.
In einem letzten langgezogenen Diorama werden römische Truppen auf dem Vormarsch gezeigt, die während des Marsches von Germanen angegriffen werden.
Während an der Spitze die Reiterei in ein Gefecht verwickelt wird…
…stoßen kleine Trupps Germanen links und rechts der Kolonne vor.
Fazit
Eine wirklich sehr gelungene Ausstellung, die alle Aspekte der Römischen Legion beleuchtet und hervorragend präsentiert wird.
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Autor: franktacticaFIGUREN UND GESCHICHTENFIGUREN UND GESCHICHTENFIGUREN UND GESCHICHTEN
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